Landespressekonferenz zur BLV-Umfrage zur Beschulung Geflüchteter

Veröffentlicht am 21. Juli 2023

Die BLV-Blitzumfrage an 140 beruflichen Schulen zeigt erhebliche Probleme bei der Sicherung der Beschulung Geflüchteter. Schulleitungen und Lehrkräfte sind häufig am Limit. Der BLV fordert zügige Unterstützung.

Pressemitteilung: BLV zu den Ergebnissen einer Umfrage an beruflichen Schulen zur Beschulung Geflüchteter (VABO) und zu BLV-Forderungen

  • Umfrage an 140 beruflichen Schulen zeigt erhebliche Probleme
  • Unterrichtskürzungen und Raumnot an immer mehr Schulen
  • BLV-Vorschläge zur Sicherung der Beschulung im nächsten Schuljahr

Stuttgart, den 21.07.2023 „Die BLV-Blitzumfrage an 140 beruflichen Schulen zeigt erhebliche Probleme bei der Sicherung der Beschulung Geflüchteter. Schulleitungen und Lehrkräfte sind häufig am Limit. Wenn sich nicht schnell etwas ändert, muss vielerorts der Unterricht gekürzt werden. Immer mehr Schulen besonders in den Ballungsgebieten melden bereits jetzt erhebliche Einschränkungen. Zum einen wegen fehlender Lehrkräfte, zum anderen aber auch aufgrund fehlender Unterrichtsräume“, so der BLV-Vorsitzende Thomas Speck heute in Stuttgart.

Die BLV-Umfrage fand im Zeitraum vom 19. – 22. Juni statt. In nur drei Tagen nahmen 140 Schulleitungen teil. Mehr als die Hälfte beschreibt die momentane Situation als angespannt. Nach Auskünften der geschäftsführenden Schulleitungen werden trotz Unterrichtskürzungen die Wartelisten täglich länger. Laut Umfrage gibt es an 70 % der Schulen bereits eine solche Warteliste. Die Schülerzahl pro Klasse wird erhöht, Lehrkräfte leisten Mehrarbeit und erhöhen kurzfristig ihr Unterrichtsdeputat. Gleichzeitig ist der Verwaltungsaufwand enorm. In immer kürzeren Abständen müssen Stundenpläne neu aufgesetzt und umorganisiert werden.

„Die Umfrage zeigt die hohe Belastung an den Schulen. Die bisherigen Maßnahmen zur Entlastung der Lehrkräfte und Schulleitungen sind nicht ausreichend. Ohne weitere, kurzfristige Unterstützung laufen die betroffenen Schulleitungen und Lehrkräfte in eine Überlastungssituation, die das Ausmaß der Belastungen in Folge der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 erheblich übersteigen könnte“, befürchtet Thomas Speck.

Die Schülerzahl ist im Verlauf dieses Schuljahres in kürzester Zeit von 2.845 auf etwa 7.950 Personen angestiegen. Damit bewältigen die beruflichen Schulen einen Schüleranstieg im VABO, der mit dem enormen Anstieg ab dem Jahr 2015 vergleichbar ist. Mehr als 80 % der Schülerinnen und Schüler verbleiben an der beruflichen Schule. Sie wiederholen das VABO, gehen weiter ins VAB oder in andere berufliche Bildungsgänge. 30 % starten nach dem VABO mit einer Ausbildung. Damit sind die beruflichen Schulen eine der entscheidenden Säulen für die Integration der vielen Geflüchteten in Gesellschaft und Erwerbsleben.

„Wenn wir weiterhin so viele Geflüchtete erfolgreich in eine Ausbildung vermitteln sollen, brauchen Schulleitungen und Lehrkräfte vor allem mit Blick auf das kommende Schuljahr kurzfristig weitere Unterstützung und Entlastung“, fordert der BLV-Vorsitzende.

Viele allgemeinbildende Schulen beteiligen sich auf hervorragende Art und Weise. Dennoch braucht es mehr VKL-Klassen an allgemeinbildenden Schulen, z. B. an allgemeinbildenden Gymnasien. Es kann nicht sein, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler, sobald sie 15 Jahre alt geworden sind, an die beruflichen Schulen geschickt werden, obwohl dies erst mit dem Erreichen des 16. Lebensjahres erfolgen müsste. Das Kultusministerium ist gefordert, auf eine solidarische Verteilung der geflüchteten Schülerinnen und Schüler zwischen allen Schularten zu achten. Die Schulfamilie kann die aktuellen Herausforderungen nur gemeinsam lösen.

Lehrkräfte und Schulleitungen nehmen ihren Auftrag für die Integration der Geflüchteten in Gesellschaft und Arbeitsmarkt sehr ernst und bringen vollen Einsatz. Das allein reicht aber nicht aus, um das Schicksal der jungen Menschen, vielfach auch unbegleitete minderjährige Jugendliche, positiv zu gestalten. Wir brauchen neue vielfältigere und differenzierte Wege, wenn es um das Ankommen in unserem Land, das Erlernen der deutschen Sprache und unserer Werte geht. Die Erhebung des Sprachstands vor dem Einstieg in Schule und Beruf muss ganz am Anfang stehen. Während einige Angebote zur Alphabetisierung benötigen, können andere bereits in einem Online-Kurs Deutsch lernen. Weiterführende Deutschkurse können auch von Volkshochschulen, privaten Sprachschulen und Arbeitsagenturen angeboten werden. Daran können sich gezielte schulische Angebote anschließen, z. B. durch die beruflichen Schulen. Dazu gehört auch mehr Unterstützung durch Personen im Integrationsmanagement und in der Sozialarbeit. Die pädagogische Herausforderung für die Lehrkräfte, die damit konfrontiert sind, dass sich die Zusammensetzung der Lerngruppen häufig verändert, ist aktuell riesig. Es braucht dringend mehr Halbjahresklassen für eine bessere Differenzierung, so dass die Schülerinnen und Schüler tatsächlich nach ihrem Leistungsstand unterrichtet werden können.

„Nach BLV-Informationen ist das Kultusministerium für die Umsetzung einiger BLV-Vorschläge bei der Beschulung Geflüchteter offen. Ich erwarte, dass die für die Umsetzung dringend benötigten Finanzmittel von der Landesregierung zügig bereitgestellt werden“, so Thomas Speck abschließend.

BLV-Forderungen:

  • zusätzliche Deutschkurse von Drittanbietern wie z. B. Volkshochschulen, Arbeitsagenturen, privaten Sprachschulen
  • Einführung von Online-Sprachkursen
  • Grundsätzliche Genehmigung von sog. Halbjahresklassen zur besseren Differenzierung der Lerngruppen
  • zusätzliches Personal für Integrationsmanagement und Sozialarbeit
  • Ausbau der VKL-Klassen an allgemeinbildenden Gymnasien
  • Übernahme der SuS von der allgemeinbildenden Schule erst im Alter von 16 Jahren
  • Aussetzen der Mindestunterrichtsverpflichtung bei Schulleitungsmitgliedern
  • Einstellung von zusätzlichen Personen als Verwaltungsassistenz
  • Aufgabenkritik zur Reduzierung der Verwaltungsaufgaben bei Lehrkräften und den Schulleitungsteams
  • Bereitstellung von Unterrichtsmaterial, Formularen und Vorlagen

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Hier finden Sie die Pressemitteilung inklusive der Umfrageergebnisse als Pdf zum Download.

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Die beruflichen Schulen in Baden-Württemberg unterrichten im laufenden Schuljahr landesweit rund 329.000 Schülerinnen und Schüler. Der Verband der Lehrerinnen und Lehrer an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg e. V. (Berufsschullehrerverband) vertritt in Baden-Württemberg mehr als 10.000 Lehrerinnen und Lehrer und hat im Bereich der beruflichen Schulen in allen Personalvertretungen auf Regierungspräsidiumsebene sowie im Kultusministerium die Mehrheit.

verantwortlich i. S. d. P. Thomas Speck, Oberdorfstr. 7a, 76698 Ubstadt-Weiher // Mobil: 0157 33986784 // Mail: info@blv-bw.de

Ansprechpartnerin Presse in der Geschäftsstelle: Vera Gögele // v.goegele@blv-bw.de // Tel +49 711 48 98 37-22

Ein Foto des Vorstandsvorsitzenden Thomas Speck erhalten Sie über folgenden Link: https://blv-bw.de/wp-content/uploads/2020/09/K1024_Speck_Thomas.jpg

Veröffentlicht am 21. Juli 2023

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