Gemeinsame Initiative von BLV u. a. Verbänden: Der Schmerz beim Thema Digitalisierung ist groß!

Veröffentlicht am 27. Juli 2020

Abfrage der Digitalisierungs-Initiative zukunftsorientierter schulischer Interessensvertretungen aus BLV, GEW, Grundschulverband, VBE und GMS-Verein bei allen staatlichen Schulen in Baden-Württemberg.

Der Schmerz ist groß

Die Zahlenbasis zum Thema schulische Digitalisierung ist mager. Viele Daten stammen aus dem Vor-Smartphone-Zeitalter und sind damit hoffnungslos veraltet. Die Corona-Pandemie hat dem digitalen Arbeiten im schulischen Kontext einen Schub verpasst – doch wie sieht es damit an den Schulen tatsächlich aus?

300 in drei Stunden, über 1.000 binnen eines Tages – so viele Schulleitungen haben sich – mitten im Endspurt eines hochanstrengenden Corona-Schuljahres – die Zeit genommen, um über den Status-Quo ihrer schulischen Digitalisierung Auskunft zu geben. Der Schmerz ist groß beim Thema Digitalisierung!

Mit ihrer Abfrage adressierte die Digitalisierungs-Initiative zukunftsorientierter schulischer Interessensvertretungen aus BLV, GEW, Grundschulverband, VBE und GMS-Verein alle staatlichen Schulen in Baden-Württemberg. Über 2.000 Schulen über alle Schularten hinweg haben sich beteiligt, die Ergebnisse können als repräsentativ angesehen werden.

Erste wichtige Schritte sind gemacht, um die Schulen digital voran zu bringen. Die Vereinfachung des Zugangs zu Mitteln aus dem Digitalpakt geht in die richtige Richtung. „Wir freuen uns, dass unsere Initiative hier einen positiven Impuls setzen konnte – doch Geräte alleine reichen nicht, wir brauchen auch eine zeitnahe und hochwertige Befähigung aller Beteiligten für das digitale Arbeiten an unseren Schulen“, sagt Doro Moritz, Vorsitzende der GEW BW. Dialog und Austausch sind der Schlüssel zu einer zeitnahen Entwicklung. „Es gibt viel voneinander zu lernen, doch auch dieser Prozess muss professionell moderiert werden, sonst brauchen wir über Qualität nicht länger diskutieren“, sagt dazu GEW-Chefin Moritz.

Tatsächlich sind die aktuellen Zahlen zur Digitalität von Schule ernüchternd: Von einer notwendigen 1:1-Ausstattung sind die Schulen weit entfernt. „Der genaue Blick auf die Schulrealität zeigt, dass selbst die angeblichen Vorreiter in diesem Thema bestenfalls Einäugige unter Blinden sind“, sagt Volker Arntz, Sprecher Netzwerk Schule im Verein für Gemeinschaftsschulen, der die Abfrage federführend umgesetzt hat. Nur fünf Prozent der Schulen sind mit ihrer Endgeräte-Ausstattung in der Lage, digitalen Unterricht zu leisten.

Gut die Hälfte der Befragten sind Grundschulen. Dort ist es um die unverzichtbaren Voraussetzungen für digitales Arbeiten besonders schlecht bestellt. Denn: die besonderen Anforderungen des Grundschulunterrichts werden bei vielen Überlegungen zur Digitalisierung nicht angemessen berücksichtigt. „Die Idee von Barrierefreiheit muss bei der Digitalisierung von Schule mitgedacht werden, die Schulwelt besteht aus mehr als den Gymnasien“, rügt Prof. Thomas Irion, Vorstandsmitglied des Grundschulverbands BW.

Hier weitere exemplarische Ergebnisse der Abfrage:

  • Selbst im beruflichen Bereich stehen nur einem Bruchteil der befragten Schulen hinreichend Endgeräte zur Verfügung.
  • Insgesamt nur etwa fünf Prozent der Stichprobe sind aufgrund der Versorgung mit Geräten in der Lage, digitalen Unterricht zu leisten.
  • Zum Engpass wird auch die Internetperformance: Zwar verfügt ein Großteil der Schulen über eine Breitbandverbindung, aber nur 7,5 Prozent davon sind mit Hochgeschwindigkeitsinternet ausgestattet.
  • Vielfach fehlt auf der pädagogischen Programmfläche ein Netzzugang via LAN/WLAN.
  • Wo eine Konnektivität gegeben ist, reicht bei der Mehrheit der Befragten die Bandbreite für Unterrichtszwecke nicht aus.
  • Knapp 90 Prozent der befragten Schulen sehen sich nicht oder nur bedingt in der Lage, beim jetzigen Stand ihrer Digitalisierung eine School@Home zu betreiben.

 

Doch Technik ist nur ein Teil von Digitalität. Seit vier Monaten wartet die Schulwelt gespannt auf die Angebote des neuen Qualitätsinstituts ZSL. Die Uhr tickt: Der erste Jahrgang hat unter widrigen Bedingungen seine Prüfungen absolviert, die nächste Generation steht in den Startlöchern. „Wir brauchen zeitnah echte Unterstützung, falls wir wieder in den Schule@Home zurückkehren müssen“, fasst Oliver Hintzen, stellv. VBE-Vorsitzender die Forderung der Initiative zusammen.

Die Ressourcensituation der Beteiligten muss bei allen weiteren Planungen stets berücksichtigt werden: „Es geht um Entlastung statt Belastung! Diese Prämisse muss über allen Impulsen stehen, die vom Kultusministerium ausgehen“, resümiert BLV-Vorsitzender Thomas Speck.

Statt der Digitalisierung analogen Lernverständnisses bedarf es eines neuen Verständnisses von Schule und ein schulischen Mindsets für das digitale Zeitalter. Matthias Wagner-Uhl, Vorsitzender des Vereins für Gemeinschaftsschulen BW e.V., erklärt es so: „Wir müssen in den Schulen eine echte Kultur der Digitalität entwickeln, die jene Kompetenzen fokussiert, die für die Zukunft im 21. Jahrhundert von herausragender Bedeutung sind: nämlich Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und kritisches Denken“.

Veröffentlicht am 27. Juli 2020

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