BLV-Arbeitszeitstudie: Mehrarbeit aufgedeckt – Handlungsempfehlungen entwickelt
In Kooperation mit der Universität Mannheim werden unter der Leitung von Frau Prof. Dr. Aprea und Herr Prof. Dr. Rausch „Arbeitszeit, Arbeitsbelastung und Resilienz von Lehrkräften an beruflichen Schulen in Baden-Württemberg“ (AARL-BS) untersucht. Seit 2021 beteiligten sich 1.827 Lehrkräfte und über 40.259 arbeitsbezogene Tätigkeiten wurden an den beruflichen Schulen bereits erfasst.
Dabei geht die Studie deutlich über die reine Erfassung der Arbeitszeiten hinaus. Vielmehr geht es darum genau zu identifizieren welche Tätigkeiten zum Jobprofil von Lehrkräften und Schulleitungen gehören. Davon ausgehend gilt es Belastungs-, Beanspruchungs-, und Bewältigungsstrategien sichtbar zu machen und Handlungsempfehlungen abzuleiten.
Das Projekt umfasste bislang eine repräsentative Fragebogenerhebung und eine siebenmonatige Zeiterfassungsstudie über eine Smartphone-App. Natürlich wurden auch Ferienzeiten und Feiertage berücksichtigt. Laut Prof. Rausch wurden die Arbeitszeiten sehr konservativ berechnet, so dass die tatsächlichen Arbeitszeiten eher noch höher liegen als in der Studie ausgewiesen. Sehr spannend ist auch das große Interesse an den Studienergebnissen. Selbst aus Kreisen der Kultusministerkonferenz in Berlin wurden die Ergebnisse bereits angefragt. Insgesamt eine wegweisende Studie zur Arbeitszeit und Belastung von Lehrkräften und Schulleitungen, die es so noch nie an beruflichen Schulen gab und in dieser Form einmalig ist.
Ergebnisse der Studie schockieren:
- Lehrkräfte arbeiten fast 3 Stunden zu viel, pro Woche! Sie berichten von fehlenden Pausen, hohem Zeitdruck und sehr heterogenen Leistungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler.
- Lehrkräfte und Schulleitungen wünschen sich mehr Zeit für Kooperation.
- Lehrerinnen und Lehrer, die in Teilzeit arbeiten, übernehmen überproportional viele Aufgaben.
- Schulleitungen und Abteilungsleitungen erreichen eine Jahresarbeitszeit von durchschnittlich 2.166 Stunden, mehr als 20 % über der regulären Jahresarbeitszeit von 1.804 Stunden. Somit arbeiten diese im Durchschnitt 8 Stunden zu viel pro Woche.
Arbeitszeit muss zählen!
Daher startet der BLV eine Online-Petition für eine zukunftsfähige Schulorganisation mit modernen Arbeitszeitregelungen und attraktiven Arbeitsbedingungen. Wir bitten Sie alle mitzumachen und unserem gemeinsamen Anliegen eine laute Stimme zu geben! Hier geht es zur Online-Petition. Auch auf juristischem Wege fordert der BLV eine Entlastung der Lehrkräfte. Musterklagen gegen die zu hohen Arbeitszeiten sind in Vorbereitung. Hierfür suchen wir Musterklägerinnen und Musterkläger, die bereits an der 7-monatigen Tagebuchstudie der Universität Mannheim teilgenommen haben. Bitte machen Sie mit und melden Sie sich unter: E-Mail: g.fechner@blv-bw.de oder Tel.: 0711 489 837-0.
Zentrale Forderungen aufgrund der Ergebnisse der Arbeitszeitstudie von Universität Mannheim und BLV
- Die gesetzlich vorgeschriebene Arbeitszeit bei Lehrkräften und Schulleitungen muss eingehalten werden.
- Erforderliche Zusatztätigkeiten sind anzuerkennen und müssen mehr als bisher zu einer Senkung der Unterrichtsverpflichtung von Lehrkräften führen
- Die tatsächliche Mehrarbeit muss bezahlt oder ausgeglichen werden und darf nicht allein auf Ausgleich bzw. Bezahlung bei Mehrarbeit durch Unterricht beschränkt bleiben.
- Die Aufgaben von Teilzeitbeschäftigten müssen reduziert werden. Die Studie der Universität Mannheim zeigt, dass Teilzeitkräfte überproportional viel arbeiten.
- Zum Schutz der Lehrkräfte und Schulleitungen müssen Belastungsspitzen dringend reduziert werden. Es braucht mehr Zeit für Kooperation und Austausch.
- Schulleitungen und Lehrkräfte brauchen mehr Autonomie bei der Verteilung der Ressourcen
- Einführung einer zukunftsfähigen Schulorganisation mit deutlich mehr multiprofessionellem Personal aus den pädagogischen Bereichen Sozialarbeit, Sonderpädagogik, Schulbegleitung und aus den Verwaltungsbereichen Datenmanagement, Sachbearbeitung, Sekretariat, Gebäudemanagement, Buchhaltung, IT/Datenschutz
- Einführung eines modernen Personalmanagements nach „dänischem Vorbild“ mit Jobprofilen, Personaleinsatzplanung, schuleigenen Arbeitszeitvereinbarungen (Beteiligung der Personalvertretung), Maßnahmen des Arbeits- und Gesundheitsschutzes
Maßnahmen für kurzfristige Entlastungen und Verbesserungen
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- Reduzierung der Korrekturverfahren, Prüfungsaufsicht durch zusätzliches nichtlehrendes Personal, Einsatz von automatisierter Korrektur der Rechtschreibung, angemessene Bezahlung der Prüfungsabnahme bei Privatschulen
- Funktionierende automatisierte Schulverwaltungsprogramme
- Einführung des Lebensarbeitszeitkontos wie im Koalitionsvertrag der Landesregierung vorgesehen
- Ausbau der zentralen Bereitstellung von Unterrichtsmaterial und Einkauf von Unterrichtsmaterial, auch bei Bildungsgängen und Berufen mit kleinen Schülerzahlen
- Zentrale Prüfungserstellung als echte Mehrarbeit erfassen und nicht weiterhin als Teil des Deputates unberücksichtigt lasse
Weitere Informationen über die Arbeitszeitstudie finden Sie in diesem Exposé und der Projekt-Homepage der Universität Mannheim.